Ja zur Gleichstellung

Über alle Sektoren gerechnet (Business-, Öffentlicher-, Hochschul- und NGO-Bereich) nehmen Forscherinnen in Europa im Jahr 2020 einen Anteil von 32,9% ein, in Österreich sind es 30,4 %. Am wenigsten Frauen sind im Businessbereich mit EU-weit 21,3 % und in Österreich mit 17,7% vertreten. Die Europäische Kommission (EC) reagiert nun darauf und fordert Antragsteller*innen in Horizon Europe auf, einen Gleichstellungsplan (Gender Equality Plan – GEP) zu entwickeln, um für Fördergelder ansuchen zu können.

Ein GEP zielt darauf ab, die Gleichstellung der Geschlechter durch einen institutionellen kulturellen Wandel zu fördern. Es sind öffentliche Organisationen, die seit 2022 dieser Aufgabe gegenüberstehen. Fünf inhaltliche Bereiche, die als Orientierung für Unternehmen dienen können, werden von der EC für den GEP vorgeschlagen: Diese betreffen Handlungsmöglichkeiten in Work-Life Balance und Organisationskultur, ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis in der Führung und bei Entscheidungen sowie im Recruiting und im Karriereverlauf. Ebenso werden Maßnahmen empfohlen, um die Genderdimension in Forschung und Lehre zu integrieren, wie auch Schritte gesetzt werden sollen, um geschlechtsbezogenen Gewalt und sexuelle Belästigung zu verhindern.

Es gibt aber auch Elemente des GEP, die vorgegeben werden, um diesen strukturell in der Organisation abzusichern. Es müssen ausreichend Ressourcen (finanziell, personell) für die Umsetzung vorhanden sein, es muss ein laufendes Monitoring der entwickelten Indikatoren verbunden mit jährlichen Berichten geben und die Mitarbeiter*innen und Entscheidungsträger*innen müssen Trainings für Gleichstellung und Gender Biase erhalten. Schließlich stellt der GEP ein von der Geschäftsleitung signiertes Dokument dar, das auf der Website der Organisation veröffentlicht werden muss.

In partizipativen Prozessen MOVES unterstützt Organisationen bei der Entwicklung eines Gleichstellungplans. Erfahren Sie mehr.

Gender Bias & Stereotype

Es handelt sich dabei um geschlechtsbezogene Zuschreibungen und geschlechtliche Verzerrungseffekte.

Stereotype geben Struktur, sie sind grundsätzlich hilfreich, sich in der Welt zurechtzufinden, indem sie Unsicherheiten reduzieren und Orientierung geben. Es sind unbewusste, vereinfachende Vorstellungen, welche die Wahrnehmungen einer Person bestimmen und so zu einer schnellen Einschätzung verhelfen. So wichtig diese in einer komplexen Welt auch sind, bergen Stereotype die Gefahr, dass es zu Zuschreibungen bestimmter Eigenschaften an Personen und -gruppen kommt, die mit dominanten gesellschaftlichen Bewertungen verbunden sind und so Hierarchie und Machtverhältnisse darstellen und gleichzeitig verfestigen.

Die Geschlechterstereotype „Männer sind an Technik interessiert, wenig kommunikativ, wenig empathisch, mathematisch begabt, zielstrebig, entscheidungsfreudig, …“ stehen in Differenz zu „Frauen sind technisch nicht interessiert, kommunikativ, empathisch, mathematisch nicht begabt, teamorientiert, sozial …“. Völlig außer Acht gelassen werden in diesen Diskussionen Menschen, die sich in ihrer Vielfalt nicht in derartige Dichotomien einordnen lassen. Obgleich die aktuelle Forschung Erklärungen vorweist und widerspricht, sind diese „natürlich gegebenen“ Vereinfachungen mit allen ihren individuellen beruflichen, gesellschaftlichen und ökonomischen Konsequenzen sehr hartnäckig und weit verbreitet.

Damit sind wir beim Gender-Bias, der durch das Aufgreifen dieser Geschlechter-Stereotype systematische Verzerrungseffekte im Handeln bedingt. Es geht um eine unbewusste Beeinflussung von Wahrnehmung und Entscheidungen durch derart  dichotome, positive oder negative Bewertungen einer  Person. Im beruflichen Kontext geht es hier beispielsweise darum, wie Lebensläufe bewertet werden, wie Entscheidungen über eine Aufnahme ins Unternehmen getroffen werden, wie über Karriereentwicklungen entschieden wird oder wie Gehaltssprünge argumentiert werden. Dass es hier trotz der rechtlichen Gleichstellung im Bundes- und Gleichbehandlungsgesetz noch einiges an Reflexionsarbeit braucht, zeigt jedenfalls der Gender-Pay-Gap, in Österreich im Jahr 2020 bei 18,9 % (gerechnet über Bruttoverdienste von Männern und Frauen) liegt und somit weit entfernt ist von Durchschnitt der EU-Länder mit 13 %. Der bereinigte (Berücksichtigung von Teilzeitarbeit, Branche, Bildungsstand oder Berufserfahrung) Gender-Pay-Gap liegt in Österreich immer noch auf 12,7 % zeigen die Daten der Statistik Austria aus 2020.

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